Ab 1600

Fronleichnamsprozession 1630, Bruderschaftsbuch von 1650

Tödlicher Unfall bei der Fronleichnamsprozession, 1630

Zu den Pflichten der Mitglieder der Sebastianus-Bruderschaft gehörte – wie es auch in der Satzung von 1650 schriftlich fixiert wurde – die Teilnahme an der jährlichen Fronleichnamsprozession.

Auch 1630 nahmen die Schützen an der Fronleichnamsprozession teil. Sie begleiteten als Ehrengarde das Heilige Sakrament und schossen Salven in die Luft. Dabei starb der etwa 9-10jährige Andreas Schloßmacher, der auf einen Baum geklettert war, um die Prozession in der Nähe von Langenich besser beobachten zu können. Die Untersuchung des tödlichen Unfalls fand am Tag nach Fronleichnam, dem 31.05.1630, vor Schultheiß und Schöffen des Kerpener Gerichts statt. Die Kugel hatte den Jungen auf der rechten Seite im Rücken getroffen und war vorn "zur Herzkoulen" wieder ausgetreten. Sein Tod war nach wenigen Stunden eingetreten. Als mutmaßlicher Täter kam Johann Voller in Betracht. Die Zeugenaussagen wurden dem damaligen Kerpener Herren auf der Burg als Erbvogt überstellt, der die Angelegenheit dem Schöffengericht übertrug. Dieses verurteilte Johann Voller am 2. Dezember zu einem Vergleich mit dem Kläger und 13 Gulden Unkosten.

Obwohl in den beiden Folioblättern die St. Sebastianus-Bruderschaft nicht ausdrücklich genannt ist, kann es sich nur um Mitglieder dieser Bruderschaft handeln, die damals schon bestand und das Ehrengeleit bei der Fronleichnamsprozession satzungsgemäß ausübte.

(Pfarrarchiv St. Martinus Kerpen, Nr. 94)
 

Der älteste Schild von 1756 weist auf dem Beruf des seinerzeitigen Schützenkönigs Joseph Esser hin, der offensichtlich Landwirt war.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Foto: Rolf Axer)

1789 war Johann Voihs Schützenkönig in Kerpen.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Foto: Christian Bischof)

 
„Ordenungh oder Regulen deß hilligen Martiris Sebastiani Lobliger Broderschaft und des Vogellschießens alhier zu Kerpen“, um 1650

 

Zu den ältesten Schriftquellen des wertvollen Archivs der Bruderschaft gehört ein Bruderschaftsbuch, das vom Vikar Wilhelm von Gymnich im Jahr 1650 angelegt wurde. In ihm sind Satzungen der Bruderschaft von 1650, und 1840 sowie Ergänzungen von 1855, ein Nekrologium mit den verstorbenen Mitgliedern von 1650 bis 1742 und die Mitglieder der Bruderschaft von 1840 bis 1854 überliefert.

 

Die „Ordenungh“ des Jahres 1650 stellt hohe Ansprüche an diejenigen, die in die Bruderschaft aufgenommen werden wollen. Sie mussten sich nicht nur durch eine besondere Bindung an die Kirche, sondern auch durch einen untadeligen Lebenswandel auszeichnen. Außerdem wurde bei allen Freude am Schießsport vorausgesetzt. Es gab strenge Vorschriften für das Schießen, für das Festmahl, für den Gottesdienst, außerdem besondere Bestimmungen. Das Schützenfest fand jährlich am Dreifaltigkeitssonntag, also dem Sonntag nach Pfingsten, nach dem Festgottesdienst statt. Es war üblich, dass der jeweilige Bürgermeister aus Gemeindemitteln für das Festmahl einen fetten Hammel oder ein Kalb stiftete, der Brudermeister entweder einen fetten Hammel oder zwei Taler. Jeder sollte „zuchtich essen und drincken ohne zanckerey“, es wurde auch darauf geachtet, dass niemand etwas abwies oder mitnahm. Nach dem Essen wurde der neue König von den Schützen nach Hause begleitet.

 

Die Aufnahme in die Bruderschaft setzte einen untadeligen Lebenswandel voraus. Für die Mitglieder der Bruderschaft war die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession und am Hochamt nach St. Sebastianus (21.01.) ebenso obligatorisch wie die Mitwirkung an den Messen für die verstorbenen Mitglieder. Der König genoss eine herausragende Stellung in der Gemeinde. Er wurde für ein ganzes Jahr von allen Pflichten in der Gemeinde befreit. Jemand, der in drei aufeinander folgenden Jahren König wurde, stieg zum Kaiser auf und wurde damit lebenslänglich von allen Pflichten befreit.

 

Eine Transkription des schwer verständlichen Originaltextes sowie eine Umschrift wurde von Josef Krings gefertigt. Beide Texte sind an anderer Stelle in der Festschrift veröffentlicht.

 

(Archiv der St. Sebastianus-Bruderschaft Kerpen, Depositum im Stadtarchiv Kerpen, 1)