1826 - 1840

Bruderschaften in Kerpen 1826, Statuten der St. Sebastians-Schützenbruderschaft 1840

 

 

 

 

 

 

Die älteste überlieferte Satzung der Schützen aus der Zeit um 1650.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Archiv als Depositum im Stadtarchiv Kerpen, Nr. 1)
 
Bruderschaften in Kerpen, 1826

 

Diese Aufstellung vom 04. März 1826 nennt für Kerpen drei kirchliche Bruderschaften: neben der Sebastianus-Bruderschaft die Muttergottesbruderschaft und die Hubertusbruderschaft. Nur die Sebastianer sind als „Schützengesellschaft“ bezeichnet. An Vermögen werden 93 Silber-Schilde genannt, das feierliche Hochamt wird am Sonntag nach Sebastianus gefeiert.

 

(Pfarrarchiv St. Martinus Kerpen, Nr. 346)

Die Satzung von 1650 enthält auch strenge Regeln für das Festmahl.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Archiv als Depositum im Stadtarchiv Kerpen, Nr. 1)
 
Statuten der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, 1840

 

Die Sebastianus-Schützen konstituierten sich am 05. Juli 1840 erneut. Da diese neuen Statuten in das alte Bruderschaftsbuch eingetragen wurden, musste man sich einer langen Tradition zwar bewusst sein, ging zu diesem Zeitpunkt aber wohl eher von einer im 18. Jahrhundert erfolgten Gründung aus.

„Statuten der Sebastianus Brüder zu Kerpen"

 

Erstens

 

Es wird jährlichs, so lange es von der Obrigkeit erlaubt seyn wird, sonntags am h(eiligen) Dreifaltigkeitstage mit Büchsen geschossen werden, und durch die Ladung einer 2löthigen, einfachen oder einzelnen bleiernen Kugel bestehen, und nur in Beiseyn der Vorsteher geschehen.

 

Zweitens

 

Jedem Mitglied der Gesellschaft ist es erlaubt, gegen die von den Vorstehern der Gesellschaft bestimmte Einlage entweder einen, zwei oder drei Nummern für sich zu ziehen, jedoch darf keiner mehr als drei Nummern entweder für sich oder für andere schießen, bevor die Ordnung der Nummern nach zu Ende gekommen ist, und welchen Nummern Einer bei der ersten Ordnung zu schießen anfängt, derselben muß er auch bei der folgenden Ordnung zu schießen fortfahren und er darf sich also nachdem durch keinen anderen Schützen vertreten lassen.

 

Drittens

 

Jedes Mitglied soll nach der Ordnung der gezogenen Nummern in Zeit von fünf Minuten nach dreimaligem Rufen des Bruder-Both, nach dem Vogel schießen. Sollte das Gewehr nach dreimaligem Rufen oder auch nach dreimaligem Abziehen nicht losbrennen, so wird doch der Schuß gerechnet und der Besitzer der folgenden Nummer fängt an fort zu schißen, und hat der zeitliche Bürgermeister für den Landesherrn den ersten und der König im folgenden Jahr den 2ten Schuß.

 

Viertens

 

Ein jeder der Mitglied werden will, muß fünf Silbergroschen bezahlen, wofür die Anschaffung von Büchsen und anderen nöthigen Bedürfnissen gedeckt werden sollen, und worüber jedes Jahr Rechnung gelegt wird, hat jemand in drei nacheinander folgenden Jahren keine Nummern gezogen, so wird er als Mitglied ausgeschlossen oder er muß sich von neuem gegen die bestimmte Gebühren wieder einschreiben lassen. Daher sollen immer die drei letzten Ziehungslisten die Mitglieder ausmachen, und Erstere bei einer neuen Ziehung zur Einsicht offen liegen. Im Jahr 1840, wo sich die Gesellschaft von Neuem constituiert, soll jedes Mitglied die Einschreibegebühren bezahlen.

 

Statuten der St. Sebastianus-Schützenbruderschaft, 1840

 

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Archiv als Depositum im Stadtarchiv Kerpen, Nr. 1)

 

Die Rückseite des ältesten Schildes von 1756 zeigt eine Abbildung des hl. Joseph.

 

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen; Foto: Rolf Axer)

Die Sebastianus-Figur aus Holz stammt aus dem 17. Jahrhundert und gehört der Bruderschaft.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen)

 

Fünftens

 

Derjenige, welcher den Vogel abschießt, oder für den er abgeschossen wird, erhält von den Vorstehern, die für die gezogenen Nummern bezahlten Geldeinlagen, es sey denn, daß von den Vorstehern von den Nummern ziehen, sey bekannt gemacht worden, einiges von diesen Geldeinlagen zur Deckung unvorhergesehenen Kosten zurückbehalten, wie auch mit Ausnahme der vorhin bemerkten Einschreibungs-Gebühren. Er erhält ferner im darauf folgenden Jahre von der Gemeinde wie seit undenklichen Jahren geschehen, acht Gewälde Schlagholz und zwei Birken Mai-Bäume. Der Vogel heißt aber alsdann erst abgeschossen, wenn er oberhalb des eisernen Stangenkopfes ausgehoben und daselbst kein sichtbares Theilchen mehr vorhanden ist, worüber so wie auch über alle möglichst strittige Vorfälle beim Schießen nur die Vorsteher allein zu entscheiden haben, und mit dem Urtheil dieser Vorsteher jedes Mitglied zufrieden sein muß, oder von der Gesellschaft ausgeschlossen werden können.

 

Sechstens

 

Der König hat dagegen folgende Kosten zu bestreiten

 

1 Entschädigung des Trommelschlägers, so lange er in Funktionen ist, täglich zwölf S(ilber)groschen, dann die Armen Gebühren mit einem Thaler.

 

2 Desgleichen dem Bruderboth acht S(ilber)groschen, beide nebst Beköstigung.

 

3 Zwei Ahmen gutes trinkbares Bier im darauf folgenden Jahre.

 

4 Das Aufsetzen des Vogels mit dreiundzwanzig S(ilber)groschen.

 

5 Ein silbernes zweilöthiges Schild oder zwei Thaler im darauffolgenden Jahre, weshalb bis dahin zwei Thaler vom Nummerngeld zurückbehalten werden.

 

6 Eine halbe Ahm Bier bei jedem Hohlen des Maibaums.

 

7 Ferner im nächsten Jahre dem neuen König dessen Leibschützen, welche jene sind, die die beiden ersten Pfänder abschießen, ferner den drei Vorstehern,den beiden Officieren, dem Tambour und Bruderbott ein ordentliches Abendessen mit einer Flasche Wein pro Person.

 

8 Am Tage nach dem Vogelschuß eine Seelenmesse für die verstorbenen Brüder thun zu lassen.

Siebtens

 

Der König soll wie gewöhnlich durch wenigstens zwanzig Brüder nach Hause begleitet werden.

 

Achtens

 

Diejenigen, die sich unanständig betragen oder den Anordnungen der Vorsteher keine Folge leisten wollen, sollen in den Listen gelöscht und aus der Gesellschaft ausgestossen werden.

 

Neuntens

 

Auswärtige, so wie hier wohnende fremde Dienstbothen, sind ausgeschlossen. Dagegen sind die Einwohner von Moedrath bei dem gegenwärtigen Vogelschuß nicht als Auswärtige zu betrachten, mit dem Beding aber, daß sie jedoch im Falle einer von Ihnen König wird, alle vom König zu machenden Leistungen im Orte Kerpen vollziehen müssen.

 

Also wurden vorstehende Statuten nach vorheriger Verlesung von allen unten genannten Mitgliedern angenommen, vorbehaltlich der Gesätze und Abänderungen, falls solche für die Zukunft nöthig werden sollten, und es wurden am fünften Juli 1840 eingeschrieben:

[…]“

1840 trugen sich 78 Männer in die Mitgliedsliste ein, in den Jahren von 1841 bis 1854 folgten 117 weitere Kerpener. Zu dieser Zeit hatte Kerpen etwa 2.300 Einwohnerinnen und Einwohner. Als sich 1842 die Schützengesellschaft – heute die Hubertus-Schützengilde – konstituierte, wurden dort 34 Kerpener Mitglied.

Diese Satzung ist nicht nur im alten Bruderschaftsbuch überliefert, sondern außerdem in einer weiteren Ausfertigung, die in einem Notizbuch über Einnahmen und Ausgaben der Bruderschaft ab 1871 liegt.

 

(Archiv der St. Sebastianus-Bruderschaft Kerpen, Depositum im Stadtarchiv Kerpen, 1 und 2)
 

Zum wertvollen Silber der Sebastianer gehört auch dieser Vogel aus dem 17. Jahrhundert.

(St. Sebastianus-Bruderschaft, Kerpen)

Die Hostiendose stammt aus der Zeit um 1479. Sie gehört zum Altargerät von St. Martinus. Unten:Ziborium des Wilhelm von Gymnich, 1649

(Pfarre St. Martinus Kerpen; Foto aus: Ohm und Verbeek, Die Denkmäler des Rheinlandes. 1971)